Nils
Menke
Seit 2011 fahre ich (Baujahr 1994) Simson, seit 2012 MZ (und ein
kurzes Honda-Zwischenspiel gab es auch noch). Nachdem im Frühjahr
2014 die Simson aufgrund akuter Nichtnutzung verkauft wurde (man
hat ja eine schnellere MZ), schweifte im Spätherbst 2014 mein
Blick wieder Richtung eBay und Kleinanzeigen. Es sollte mal wieder
ein kleines Moped her, am Besten mal was richtig altes. Schon nach
kurzer Zeit erspähte ich eine Radexi 2, auf den Bildern ziemlich
komplett und auch relativ nah. Das das Angebot an einem Donnerstag
endete, gab ich auf gut Glück mal ein Höchstgebot ein. Siehe da,
für weniger als 28 € war das Fahrzeug plötzlich mein!
Der Verkäufer war so freundlich, für einen kleinen Obolus die 50
km zu mir zu liefern, und so stand das gute Stück noch vor
Weihnachten bei mir in der Einfahrt.
Das Moped
Eine Bestandsaufnahme förderte nur wenige Fehlteile zu Tage, unter
anderem ein Griffgummi und einen Rückspiegel (wobei der damals
wohl nur Zubehör war). Nach kurzer Zeit unterm Carport wurde die
Maschine in den Keller verfrachtet, da schraubt es sich doch
deutlich angenehmer als im Kalten. Schnell war das Moped zerlegt
und ich konnte mir der Reinigung sämtlicher Teile beginnen. Dabei
zeigt sich der gute Erhaltungszustand des Originallacks, folglich
wurde dieser nur gereinigt und mit Owatrol konserviert. Auch der
Tank war beinahe rostfrei, so dass eine kurze Kur mit
Zitronensäure, anschließendes Ausspülen und trockensaugen
vollkommen ausreichte.
Einzig und allein der Motor machte Probleme. Für die Schlitzmutter
auf der Kurbelwelle war schnell ein Werkzeug aus einer alten 1/2“
10er-Nuss gebastelt, aber der Innere Mitnehmer blieb beharrlich
auf seinem Konus. Keine Chance mit einem Zweiarmabzieher, selbst,
wenn man diesen mit der Wasserpumpenzange zusammenspannt.
Mehrere Monate grübelte ich an einer Lösung für das Problem, bis
ich beim Betrachten einer verpixtelten Original-Werkzeugtafel die
Lösung fand. Dank eines befreundeten Drehbank-affinen Menschen
wurde meine Zeichnung auch schnell in die Realität umgesetzt und
das entstandene Bauteil funktionierte einwandfrei (dabei wurde
auch noch die hochmoderne – weil spanlose – Fertigung eines
M14x1,5 demonstriert). Wer die Zeichnung braucht, einfach mich im
Forum anschreiben.
Nach erfolgter Komplettzerlegung bekam der Motor endlich seine
neuen Wellendichtringe, die Lager sahen noch prima aus (nach 11000
km) und blieben demnach drin. Das ersparte mir auch das neue
Ausdistanzieren der Wellen.
Die Wellendichtringe wechsele ich bei solch alten Motoren
grundsätzlich, kann doch ein harter Dichtring schnell für
Nebenluftprobleme sorgen oder im schlimmsten Fall sogar Riefen in
die Hartschicht der Welle schleifen!
Eine neue Mitteldichtung musste ich noch schneiden, aber das war
mit der Fettstempelmethode kein Problem.
Langsam konnte das Fahrzeug auch wieder zusammengebaut werden,
alle Funktionsteile selbstverständlich gereinigt und neu
geschmiert/eingestellt. Leider lies sich das hintere Radlager
nicht spielfrei einstellen. Eine erneute Zerlegung brachte eine
gebrochene und zusammengeschweißte Hinterachse zu Tage. Leider
krumm, was bei Konuslagern nicht sonderlich gut ist. Eine anfangs
angedachte Nachfertigung scheiterte an der Unidentifizierbarkeit
des Gewindes, mit 24 Gängen pro Zoll und dem Außendurchmesser von
11.85 mm fand sich in keiner Tabelle des weitläufigen Internets
ein passendes Gewinde. Ohne Kenntnis des korrekten Flankenwinkels
(55 oder 60°) fiel somit diese Variante aus.
Durch einen Bekannten kam ich auf die Idee, es mal mit Normlagern
zu versuchen. Erstaunlicherweise passten nach dem Herausschlagen
der Lagerschalen die Normalager 6201 exakt in den Passsitz der
Nabe. Schnell wurde eine Distanzhülse für die Innenringe
angefertigt. Die Materialwahl für die Achse forderte einige
Expertise, ist diese doch in der Ersatzteilliste mit 90 kg/mm²
angegeben. Mit 42CrMo4 wurde aber ein passendes Material gefunden,
welches sich auch noch gut zerspanen ließ. Auf beide Enden M12x1
geschnitten, noch ein paar Distanzstücke angefertigt und schon
passte das Hinterrad in den Rahmen. Mit etwas Rost an den bisher
unbehandelten Neuteilen fällt die Chose auch optisch kaum noch
auf. Haltbar dürfte diese Lösung ausreichend sein, ist doch die
Radlagerung von Simson (zulässiges Gesamtgewicht 260 kg!) mit den
gleichen Lagern dimensioniert. Auch hier kann ich gerne mit Tipps
aushelfen, wenn jemand diesen Umbau nachbauen möchte.
Auch die Montage der neuen Reifen sorgte für einigen Frust, war
doch das Felgenband erst nach zweimaliger Beschneidung schmal
genug für die Felgen, so dass der Reifen komplett hineinrutschen
konnte.
Nun war der große Moment gekommen, ich konnte die Radexi wieder
aus dem Keller holen. Mit etwas geklautem Sprit aus der TS 150
(mit zusätzlichem Öl) und einigen Radelmetern in der Einfahrt lief
das gute Stück schließlich. Ein toller Moment!
Einige Nacharbeit war noch zu erledigen, aber dafür konnte ich das
leichte Moped ja nun mit Spanngurten am Carport auf Arbeitshöhe
ziehen. So musste der hintere Kotflügel noch gerade gebogen und
die seitliche Lage des Hinterrads etwas korrigiert werden, damit
der Reifen beim Bremsen nicht im Schutzblech schleift.
Die Bremsen ließ ich bei einem Fachbetrieb mit neuen Belägen
besehen, die alten bröckelten ja schon vom Anschauen von den
Backen. Die neuen sind jetzt geklebt statt genietet, aber bei den
heutigen
Klebstoffen traue ich einer flächigen Klebeverbindung mehr als
punktförmigen Nieten.
Das Wiederinverkehrbringen
Leider hatte ich zu dem Moped keinen Auszug aus der Allgemeinen
Betriebserlaubnis erhalten, also muss ein neuer her. Eine Anfrage
bei SFM (vormals Sachs und demzufolge der Rechtsnachfolger von
Express) erbrachte leider die Info, dass sie keine Unterlagen dazu
hätten. Also musste ich zum TÜV um eine Zweitschrift ausstellen zu
lassen. Die dazu notwendige Unbedenklichkeitsbescheinigung der
Zulassungsstelle war schwierig zu erlangen, aber nun halte ich sie
in den Händen. Ein Termin beim Dampfkesselverein steht noch aus,
da ist die Terminvereinbarung als Student mit Nebenjob etwas
schwierig. Ich bin aber zuversichtlich, auch diese Hürde bald zu
nehmen und dann endlich mal fahren zu können. Versichern könnte
ich das gute Stück ja schon, online bekommt man Schilder mit
Angabe nur des Herstellers
und der Rahmennummer. Aber man will ja ordentlich sein.
Und irgendwo in meinem wirren Kopf schwebt dann noch die Idee
eines kleinen Anhängers für die Radexi vor...
So in praktischer Größe zum Transport zweier Bierkästen.