Mein Vater war
schon seit ich denken kann, von Oldtimern begeistert. Jede neue
Oldtimer-Markt und Motor-Klassik wurde am Erscheinungstag gekauft und
Abendlich gelesen. Natürlich viel ab und an auch mir eine Ausgabe
davon in die Hände, aber eigentlich war mein Interesse für
Oldtimer nicht sonderlich groß.
Das änderte sich aber schlagartig, als ich kurz vor meinem 18.
Geburtstag mit meinem Vater zusammen mein erstes Auto kaufte. Bei einem
Gebrauchtwagenhändler stand das Auto meiner Wahl und als wir ins
Büro kamen um den Kaufvertrag auszufüllen, hat's mich
erwischt. Da stand auf einem Holzsockel (mit Marmorimitationsfolie
beklebt) ein wunderschönes, kleines altes Motorrad. Laut des
Autohändlers ein französisches Fabrikat aus den 30er Jahren.
Dieses Ding war so spartanisch aber dennoch faszinierend, da es den
Blick auf die Technik freigab. Bei mir hat sich quasi innerhalb von
Minuten ein Sinneswandel vollzogen, was zu folgendem Ergebnis
führte: ich wollte unbedingt ein schönes altes Motorrad haben!
Mein Vater war von der Entwicklung natürlich begeistert, da der
Sohnemann jetzt „endlich" auf den richtigen Geschmack gekommen ist. Nun
mussten wir erstmal unser potentielles Kaufobjekt etwas eingrenzen, da
das Angebot doch sehr vielfältig ist. Der „Motorrad
Oldtimerkatalog" von Heel war hier eine tolle Hilfe, da hier viele
Abbildungen enthalten sind, wo ich mir relativ schnell eine Art
ausschaute. Ich wollte ein einfaches, typisches, deutsches
Nachkriegsmotorrad, mit einfachem Rahmen, schönem Tank und relativ
kleinem Motor, damit man auch hier schön die Technik sehen kann.
Der nächste große Punkt in unserem
„Motorrad-Beschaffungs-Plan" war die Veterama in Mannheim. Für
mich ein absolutes Erlebnis, da ich bis dato noch nie so viel altes
Zeug auf einem Haufen gesehen habe. Doch irgendwie war für uns
nicht das Richtige dabei, schien es. Als wir schon auf dem Rückweg
wahren, stolperte ich in einem Gang, zwischen verschiedenen
Ständen, über ein Motorrad, das der Verkäufer
werbewirksam mitten in den Weg gestellt hatte. BINGO! Das Teil
entsprach genau meinen Vorstellungen. Was für eine Maschine es
war, war mir in dem Moment egal, mit dem Verkäufer wurde ein Preis
ausgehandelt, ein Kaufvertrag aufgesetzt und mir wurden nach einer
Anzahlung die Papiere übergeben. Die Maschine sollte mein Vater am
nächsten Wochenende bei dem Exbesitzer abholen.
So, nun hatte ich also, laut Papieren, eine „Express Radex 125" Baujahr
1952. Hmm, das war aber auch schon alles, was ich nun über die
Maschine wusste.
Alle Versuche etwas über diesen Typ in Erfahrung zu bringen
scheiterte. Also entschloß ich mich für eine Anzeige bei
Oldtimer-Markt in der Rubrik „Leser helfen Lesern"
Als Erster, und einziger, meldete sich Dieter Kastel aus Wuppertal, der
mir telefonisch schon mit einigen Informationen weiterhelfen konnte. Im
laufe des Telefonats erzählte mir Dieter, man könne doch
einen Club für Express gründen, um Hilfesuchenden in Zukunft
weiterzuhelfen.
Endlich stand mein Motorrad bei uns in der Garage und wartete
sehnsüchtig auf die Wiederbelebung. Voller Elan und Unwissenheit
begann ich, die Maschine in Ihre Einzelteile zu zerlegen. Hierbei
stellte sich heraus, das die Radex eine wunderschöne
Verkaufslackierung bekommen hatte, denn unter der Farbe fanden sich
Schlamm- und Ölreste, die der Einfachheit halber einfach
überstrichen wurden. Naja, nicht so schlimm, ich wollte die
Maschine sowieso neu lackieren lassen. Bei der weiteren Demontage
stellte sich leider noch heraus, daß die Maschine mal einen etwas
heftigeren Unfall gehabt hat. An der Vorderradgabel war ein
Lampenhalter mal abgerissen und wieder angeschweißt worden.
Leider hat der Mechaniker damals nicht die Gummifederelemente aus dem
inneren der Gabel demontiert, das zur Folge hatte, daß die
Stahlführungsringe des Gummielements mit angeschweißt
wurden. Dadurch war die Funktionsfähigkeit natürlich
hinfällig.
Der Rest der Maschine war eigentlich in gutem Zustand.
Nachdem das Motorrad zerlegt war, begann ich mit der Flex (ups,
Winkelschleifer) und einer Zopfbürste, die Einzelteile zu
entlacken. Eine heiden Sauerei, und eine Schmerzhafte Arbeit dazu, dank
den abgebrochenen Drahtstückchen die dank Zentrifugalkraft auf
meine Figur geschossen wurden. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich
die Teile lieber zum Sandstrahlen gegeben. Das hätte mir mein
Trommelfell und meine Nerven geschont, abgesehen von dem feinen
Lackstaub, der sich in jeder Ritze der Werkstatt abgesetzt hatte.
Die Kotflügelinnenseiten habe ich Spritzverzinken lassen, um dem Rost an dieser gefähredeten Stelle vorzubeugen.
Die Lackierung meiner Radex sollte wie die damals aufpreispflichtige
weinrote Emailierung werden. Also habe ich anhand eines Originalteiles
den Farbton bestimmt und meinem Lackierer den Auftrag erteilt. Doch
leider hat der Lackierer vermutlich zum ersten Mal Motorradteile
lackiert, die doch wesentlich schwieriger zu lackieren sind, als
Autoteile mit ihren großen Flächen. Alles voller Lacknasen.
So wollte ich die Sachen freilich nicht abnehmen und die Sachen wurden
ein zweites Mal lackiert, was aber nur teilweise Besserung brachte.
Einige Sachen wurden daraufhin noch ein drittes Mal lackiert, wieder
mit dem selben miserablen Ergebnis. Nun weigerte sich der Lackierer die
Sachen noch mal zu lackieren, woraufhin mein Vater und ich uns einen
Kompressor, Druckschlauch und eine Lackierpistole kauften und die
restlichen Sachen in der eigenen Garage lackierten. Mit wirklich gutem
Ergebnis. So gut wie keine Lacknasen und eine wirklich schöne
Lackoberfläche. Die Lacknasen habe ich abgeschmirgelt und
nachpoliert, genauso wie Staubeinschlüsse.
Nun stand die aufwendige Linierung an. Zweifarbig, Gold und Weis. Ok,
als erstes habe ich die goldenen Linien auf den Kotflügeln
abgeklebt, sowie auf dem Tank den „Cometschweif". Golden Lackiert und
trocknen lassen. Anschließend wurden die weisen Linien abgeklebt
und lackiert. Der letzte Durchgang war Klarlack. Alle Teile wurden
geklarlackt, die Kotflügel und der Tank bekamen sogar drei
Klarlackschichten.
In der Zwischenzeit haben wir noch zahlreiche Teilemärkte besucht,
um fehlende Teile zu besorgen. Felgen, Speichen, Reifen,
Lampenchromring, Bowdenzugmaterial, Sattelfedern, Krümmer,
Auspuffenden und so weiter, die Liste wahr fast endlos.
Die Radlager in den Naben habe ich von einem „Motorradspezialisten"
erneuern lassen, was mein Konto mit sage und Schreibe 400 DM belastete.
Heute könnte ich mich dafür in den A... beißen, da ich
das Geschäft wirklich einfach hätte selber machen
können, aber aus Angst etwas falsch zu machen habe ich doch lieber
alles einem Fachmann überlassen. Leider ein Fehler!
Die Räder wanderten anschließend zu einer Radspannerei bei mir meiner Nähe.
Der Jlo-Motor ging an einen Pizzabäcker in Stuttgart, der für
einen Befreundeten Motorradnarr alte italienische Motorräder
wirklich piekfein restaurierte.
Nun begann der Zusammenbau der verschiedenen Baugruppen, was eigentlich
schnell von der Hand ging. Es war wirklich schön anzusehen, wie
Phönix aus der Asche entstand mein Motorrad neu.
Nun fehlten eigentlich nur noch die Auspufftöpfe, da die
Originalen so verrostet waren, das nur noch eine Neuanfertigung helfen
konnte. Also Rohre aus Blech biegen lassen, verschweißen und die
Haltelaschen auflöten, fertig. Anschließend alle Teile noch
schön verchromen lassen.
Für die vermurkste Vorderradgabel wollte sich kein Ersatz finden
lassen, so mußte ich die funktions unfähige verwenden.
Die Maschine war wirklich kurz vor dem 4. Expresstreffen fertig
geworden, so daß ich ein Kurzzeitkennzeichen bei der
Zulassungsstelle holte und mit Maschine (auf dem Anhänger) nach
Neumarkt fuhr.
Hier konnte ich dann meine erste „Tour" mit meiner kleinen Radex bewältigen.