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Andreas Behrendt:


Wie ich zum Oldtimer-Hobby kam...

Mein Vater war schon seit ich denken kann, von Oldtimern begeistert. Jede neue Oldtimer-Markt und Motor-Klassik wurde am Erscheinungstag gekauft und Abendlich gelesen. Natürlich viel ab und an auch mir eine Ausgabe davon in die Hände, aber eigentlich war mein Interesse für Oldtimer nicht sonderlich groß. Das änderte sich aber schlagartig, als ich kurz vor meinem 18. Geburtstag mit meinem Vater zusammen mein erstes Auto kaufte. Bei einem Gebrauchtwagenhändler stand das Auto meiner Wahl und als wir ins Büro kamen um den Kaufvertrag auszufüllen, hat's mich erwischt. Da stand auf einem Holzsockel (mit Marmorimitationsfolie beklebt) ein wunderschönes, kleines altes Motorrad. Laut des Autohändlers ein französisches Fabrikat aus den 30er Jahren. Dieses Ding war so spartanisch aber dennoch faszinierend, da es den Blick auf die Technik freigab. Bei mir hat sich quasi innerhalb von Minuten ein Sinneswandel vollzogen, was zu folgendem Ergebnis führte: ich wollte unbedingt ein schönes altes Motorrad haben!
Bild 1 Mein Vater war von der Entwicklung natürlich begeistert, da der Sohnemann jetzt „endlich" auf den richtigen Geschmack gekommen ist. Nun mussten wir erstmal unser potentielles Kaufobjekt etwas eingrenzen, da das Angebot doch sehr vielfältig ist. Der „Motorrad Oldtimerkatalog" von Heel war hier eine tolle Hilfe, da hier viele Abbildungen enthalten sind, wo ich mir relativ schnell eine Art ausschaute. Ich wollte ein einfaches, typisches, deutsches Nachkriegsmotorrad, mit einfachem Rahmen, schönem Tank und relativ kleinem Motor, damit man auch hier schön die Technik sehen kann.
Der nächste große Punkt in unserem „Motorrad-Beschaffungs-Plan" war die Veterama in Mannheim. Für mich ein absolutes Erlebnis, da ich bis dato noch nie so viel altes Zeug auf einem Haufen gesehen habe. Doch irgendwie war für uns nicht das Richtige dabei, schien es. Als wir schon auf dem Rückweg wahren, stolperte ich in einem Gang, zwischen verschiedenen Ständen, über ein Motorrad, das der Verkäufer werbewirksam mitten in den Weg gestellt hatte. BINGO! Das Teil entsprach genau meinen Vorstellungen. Was für eine Maschine es war, war mir in dem Moment egal, mit dem Verkäufer wurde ein Preis ausgehandelt, ein Kaufvertrag aufgesetzt und mir wurden nach einer Anzahlung die Papiere übergeben. Die Maschine sollte mein Vater am nächsten Wochenende bei dem Exbesitzer abholen.
So, nun hatte ich also, laut Papieren, eine „Express Radex 125" Baujahr 1952. Hmm, das war aber auch schon alles, was ich nun über die Maschine wusste.
Alle Versuche etwas über diesen Typ in Erfahrung zu bringen scheiterte. Also entschloß ich mich für eine Anzeige bei Oldtimer-Markt in der Rubrik „Leser helfen Lesern"
Bild 2 Als Erster, und einziger, meldete sich Dieter Kastel aus Wuppertal, der mir telefonisch schon mit einigen Informationen weiterhelfen konnte. Im laufe des Telefonats erzählte mir Dieter, man könne doch einen Club für Express gründen, um Hilfesuchenden in Zukunft weiterzuhelfen.
Endlich stand mein Motorrad bei uns in der Garage und wartete sehnsüchtig auf die Wiederbelebung. Voller Elan und Unwissenheit begann ich, die Maschine in Ihre Einzelteile zu zerlegen. Hierbei stellte sich heraus, das die Radex eine wunderschöne Verkaufslackierung bekommen hatte, denn unter der Farbe fanden sich Schlamm- und Ölreste, die der Einfachheit halber einfach überstrichen wurden. Naja, nicht so schlimm, ich wollte die Maschine sowieso neu lackieren lassen. Bei der weiteren Demontage stellte sich leider noch heraus, daß die Maschine mal einen etwas heftigeren Unfall gehabt hat. An der Vorderradgabel war ein Lampenhalter mal abgerissen und wieder angeschweißt worden. Leider hat der Mechaniker damals nicht die Gummifederelemente aus dem inneren der Gabel demontiert, das zur Folge hatte, daß die Stahlführungsringe des Gummielements mit angeschweißt wurden. Dadurch war die Funktionsfähigkeit natürlich hinfällig.
Der Rest der Maschine war eigentlich in gutem Zustand.
Bild 3 Nachdem das Motorrad zerlegt war, begann ich mit der Flex (ups, Winkelschleifer) und einer Zopfbürste, die Einzelteile zu entlacken. Eine heiden Sauerei, und eine Schmerzhafte Arbeit dazu, dank den abgebrochenen Drahtstückchen die dank Zentrifugalkraft auf meine Figur geschossen wurden. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich die Teile lieber zum Sandstrahlen gegeben. Das hätte mir mein Trommelfell und meine Nerven geschont, abgesehen von dem feinen Lackstaub, der sich in jeder Ritze der Werkstatt abgesetzt hatte.
Die Kotflügelinnenseiten habe ich Spritzverzinken lassen, um dem Rost an dieser gefähredeten Stelle vorzubeugen.
Die Lackierung meiner Radex sollte wie die damals aufpreispflichtige weinrote Emailierung werden. Also habe ich anhand eines Originalteiles den Farbton bestimmt und meinem Lackierer den Auftrag erteilt. Doch leider hat der Lackierer vermutlich zum ersten Mal Motorradteile lackiert, die doch wesentlich schwieriger zu lackieren sind, als Autoteile mit ihren großen Flächen. Alles voller Lacknasen. So wollte ich die Sachen freilich nicht abnehmen und die Sachen wurden ein zweites Mal lackiert, was aber nur teilweise Besserung brachte. Einige Sachen wurden daraufhin noch ein drittes Mal lackiert, wieder mit dem selben miserablen Ergebnis. Nun weigerte sich der Lackierer die Sachen noch mal zu lackieren, woraufhin mein Vater und ich uns einen Kompressor, Druckschlauch und eine Lackierpistole kauften und die restlichen Sachen in der eigenen Garage lackierten. Mit wirklich gutem Ergebnis. So gut wie keine Lacknasen und eine wirklich schöne Lackoberfläche. Die Lacknasen habe ich abgeschmirgelt und nachpoliert, genauso wie Staubeinschlüsse.
Bild 4 Nun stand die aufwendige Linierung an. Zweifarbig, Gold und Weis. Ok, als erstes habe ich die goldenen Linien auf den Kotflügeln abgeklebt, sowie auf dem Tank den „Cometschweif". Golden Lackiert und trocknen lassen. Anschließend wurden die weisen Linien abgeklebt und lackiert. Der letzte Durchgang war Klarlack. Alle Teile wurden geklarlackt, die Kotflügel und der Tank bekamen sogar drei Klarlackschichten.
In der Zwischenzeit haben wir noch zahlreiche Teilemärkte besucht, um fehlende Teile zu besorgen. Felgen, Speichen, Reifen, Lampenchromring, Bowdenzugmaterial, Sattelfedern, Krümmer, Auspuffenden und so weiter, die Liste wahr fast endlos.
Die Radlager in den Naben habe ich von einem „Motorradspezialisten" erneuern lassen, was mein Konto mit sage und Schreibe 400 DM belastete. Heute könnte ich mich dafür in den A... beißen, da ich das Geschäft wirklich einfach hätte selber machen können, aber aus Angst etwas falsch zu machen habe ich doch lieber alles einem Fachmann überlassen. Leider ein Fehler!
Die Räder wanderten anschließend zu einer Radspannerei bei mir meiner Nähe.
Der Jlo-Motor ging an einen Pizzabäcker in Stuttgart, der für einen Befreundeten Motorradnarr alte italienische Motorräder wirklich piekfein restaurierte.
Nun begann der Zusammenbau der verschiedenen Baugruppen, was eigentlich schnell von der Hand ging. Es war wirklich schön anzusehen, wie Phönix aus der Asche entstand mein Motorrad neu.
Nun fehlten eigentlich nur noch die Auspufftöpfe, da die Originalen so verrostet waren, das nur noch eine Neuanfertigung helfen konnte. Also Rohre aus Blech biegen lassen, verschweißen und die Haltelaschen auflöten, fertig. Anschließend alle Teile noch schön verchromen lassen.
Für die vermurkste Vorderradgabel wollte sich kein Ersatz finden lassen, so mußte ich die funktions unfähige verwenden.
Die Maschine war wirklich kurz vor dem 4. Expresstreffen fertig geworden, so daß ich ein Kurzzeitkennzeichen bei der Zulassungsstelle holte und mit Maschine (auf dem Anhänger) nach Neumarkt fuhr.
Hier konnte ich dann meine erste „Tour" mit meiner kleinen Radex bewältigen.

Andreas Behrendt

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